Friedrichshainer Kolloquien 2003
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4. Dezember 2003
Disability and Bioethics in the US and in Germany
The disability rights critique of Bioethics in the US
Prof. Dr. Adrienne Asch, Biology, Ethics and Politics of Reproduction, Wellesley College, USA
Human dignity and disability in the German debate
Prof. Dr. Markus Dederich, Soziologe und Philosoph, Universität Dortmund
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4. November 2003
Gerechtigkeit im Gesundheitswesen
Folgen der aktuellen Reformen für chronisch kranke und behinderte Menschen
Dr. Jeanne Nicklas-Faust, Ärztin, Berliner Ärztekammer und Bundesvereinigung Lebenshilfe
Ethische Grundlagen für ein gerechtes Gesundheitswesen
Dr. Micha Werner, Philosoph, Universität Freiburg
Wie könnte ein gerechtes Gesundheitswesen aussehen?
Dr. Julika Mayer, Gesundheitswissenschaftlerin, Universität Bayreuth
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1. Juli 2003
Normierung und Normalisierung
Prof. Dr. Anne Waldschmidt
Soziologin, Universität Köln
Marianne Hirschberg
Erziehungswissenschaftlerin, Universität Hamburg
Zuschreibungen von "behindert" bzw. "nicht-behindert" werden teilweise mittels starrer und festgelegter Normen getätigt, in zunehmendem Maße aber auch flexibel gestaltet. Normierung und Normalisierung scheinen einerseits Gegenpole zu sein, andererseits sind sie eng miteinander verknüpft. Ihr Verhältnis zueinander verändert sich seit einiger Zeit; damit verbunden ist auch eine Wandlung unserer Begriffe von "Behinderung". Diese Veränderungen können sowohl im behindertenpolitischen als auch im emanzipatorischen Diskurs beobachtet werden. Wie das Beispiel der neuen WHO-Behinderungsklassifikation deutlich macht, zeigen sich die Veränderungen bereits auch in stärker hegemonialen Diskursen.
Veröffentlichung der Vorträge:
Anne Waldschmidt, Behindertenpolitik im Spannungsverhältnis zwischen Normierung und Normalisierung, in: Anerkennung, Ethik und Behinderung, S. 175-194
Marianne Hirschberg, Klassifikation und Normierung - eine Analyse der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation, in: Medizin, Ethik und Behinderung, S. 55-71
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17. Juni 2003
Ethik und Literatur
PD Dr. Hille Haker
Theologin, Universität Tübingen
Der normativen, angewandten Ethik wird oft vorgeworfen, Perspektiven zu verengen, zu einfache Antworten anzubieten und der lebensweltlichen Komplexität vieler ethischer Fragen damit nicht gerecht zu werden. Dr. Hille Haker ist in ihrem Vortrag der Frage nachgegangen, welche Funktion das Erzählen in der und für die Ethik haben kann, und inwiefern Literatur Erfahrungsdimensionen erschließen kann, die der wissenschaftlichen Sprache verschlossen bleiben. Sie hat am Beispiel des Erfahrungsberichts von Caroline Stoller: "Eine unvollkommene Schwangerschaft", die vom Entscheidungsprozess über Fortsetzung oder Abbruch einer Schwangerschaft nach Pränataldiagnostik handelt, das gegenwärtig vermehrt in der Bioethik vertretende Konzept einer narrativen Bioethik vorgestellt. Die Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Ansatzes waren Gegenstand der gemeinsamen Diskussion.
Veröffentlichung des Vortrags:
Hille Haker, Narrative Bioethik, in: Anerkennung, Ethik und Behinderung, S. 113-132
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13. Mai 2003
Lebensschutz und Biotechnologie
Dr. Stefan Rixen
Jurist, Universität Köln
Dr. Jörn Ahrens
Kulturwissenschaftler, Freie Universität Berlin
Die anhaltende Diskussion um die Legitimität biotechnologischer Praktiken von der Präimplantationsdiagnostik bis hin zum therapeutischen Klonen kennt ein Argument von besonderer Brisanz: Orientiert an Art. 2, GG wird der Lebensschutz für menschliche Embryonen in Anspruch genommen. Die ethische Maximalbestimmung, menschliche Embryonen ohne Einschränkung als der Gesellschaft integrierte Rechtssubjekte aufzufassen, scheint aus verfassungsrechtlicher Sicht konsequent. In kulturanthropologischer Hinsicht aber erscheint die auf den Aspekt des Lebensschutzes abstellende Argumentation problematisch.
Veröffentlichung der Vorträge:
Stephan Rixen, Verfassungsrecht und Lebensschutz, Verfassungsrechtswissenschaftliche Beobachtungen am Beispiel der Präimplantationsdiagnostik, in: Anerkennung, Ethik und Behinderung, S. 59-85
Jörn Ahrens, Wo bleibt der Mensch? Das Lebensschutzargument in der bioethischen Debatte, in: Anerkennung, Ethik und Behinderung, S. 39-58
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11. Februar 2003
Diskriminierung
Antidiskriminierungs- und Menschenrechte für Behinderte im ausländischen, europäischen und internationalen Recht
Prof. Dr. Theresia Degener, Juristin, Evangelische Fachhochschule Rheinland-Westfalen Lippe
Behinderte als Fremde – Mechanismen der Ausgrenzung
Prof. Dr. Birgit Rommelspacher, Psychologin, Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Berlin