Der Umsetzungsprozess der UN-Konvention hat begonnen - ein Ausblick
Rede von Erika Huxhold, Bundesministerium für Arbeit und Soziales
(es gilt das gesprochene Wort)
Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Dank für sehr anschauliche Charakterisierung von Prof. Dr. Bielefeldt in seinem Vortrag über die Vision des Übereinkommens. Meine Aufgabe ist es, über erste Schritte des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf dem Weg dorthin zu sprechen.
Von der Vision zur Wirklichkeit
Von der Vision zur Wirklichkeit - zur Wirklichkeit das ist ein Weg; ein Weg, den wir in den nächsten Jahren gemeinsam beschreiten werden.
Das Bild, das das Übereinkommen zeichnet, ist ein Bild des gesellschaftlichen Miteinanderlebens. Seine Herausforderung liegt darin, die wichtigen gesellschaftlichen Bereiche aus der Perspektive behinderter Menschen zu durchleuchten und ihre Teilhabe in diesen Lebensbereichen konsequent sicherzustellen.
Dazu gehört auch, das positive Verständnis von Behinderung als Vielfalt menschlichen Lebens in die Gesellschaft hineinzutragen.
In den nächsten Jahren werden wir darüber gesellschaftspolitische Diskussionen führen. Und der Prozess ist bereits in vollem Gang, z. B. bei der Frage der Bildung behinderter Kinder.
Konferenz
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich daran beteiligt. Unter dem Titel „Vereint für gemeinsame Bildung“ haben wir am 6. und 7. Mai in Berlin eine Konferenz zu Artikel 24 veranstaltet. Der Titel war nicht nur das Motto, sondern auch das Ziel der Konferenz.
Zusammen mit Vertretern der Länder, der Behindertenbeauftragten, der Verbände, gemeinsam mit Eltern und Schülern und unterstützt von Wissenschaftlern und Experten aus der schulischen Praxis haben wir nächste Schritte zur Umsetzung des Artikels 24 erkundet.
Vereint auf dem Weg
Diesen Ansatz wollen wir auf dem Weg weiterverfolgen. Vereint wollen und müssen wir handeln, wenn es um die weitere Umsetzung des Übereinkommens geht.
Dazu: am 2. Juli 2009 ist die Eröffnung Kompetenzzentrum für Zielvereinbarungen im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Zu nennen sind weitere wichtige Themen: Beschäftigung und Barrierefreiheit.
Aber: Neben konkreten Maßnahmen und gesetzlichen Weiterentwicklungen muss es vor allem um eins gehen:
das Leitbild der inklusiven Gesellschaft in die Lebenswirklichkeit der Menschen zu bringen!
Aktionsplan
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist daher der Auffassung, dass ein Aktionsplan als langfristige Gesamtstrategie ein aussichtsreicher Weg ist.
Nach unserer Auffassung muss ein Aktionsplan drei Ziele verfolgen:
1. Wir brauchen eine übergreifende gesellschaftspolitische Diskussion um die Botschaft des Übereinkommens und ihre Bedeutung für die zukünftige nationale Behindertenpolitik.
2. Das Übereinkommen muss als Leitbild in die Arbeit aller Akteure hineinwirken. Das Ziel sollte es sein, dass alle Akteure das Übereinkommen als Grundlage für ihre Arbeit begreifen und ihre Programme und Maßnahmen zukünftig auf dieser Basis entwickeln.
3. Das Übereinkommen sollte uns zu einer Kultur des Denkens in gemeinsamer Verantwortung bringen, das heißt, dass eine umfassende Beteiligung gesichert sein muss.
Nach der Ratifikation des Übereinkommens muss also der nächste Meilenstein die Verankerung des Aktionsplans im Koalitionsvertrag sein.
Zu Beginn der neuen Legislaturperiode wird das Ministerium als Focal Point für das Übereinkommen mit allen Beteiligten diskutieren, welche Aufgaben uns das Übereinkommen stellt und in welchen Handlungsfelder wir tätig werden müssen.
Wichtig sind dabei die Ideen aller Beteiligten und die Umsetzung dieser Ideen in Kooperation mit den verschiedenen Partnern.
Es ist auch klar, dass wir nicht bei Null beginnen. Wir finden überall gute Beispiele, die uns zeigen, wie das Miteinander funktionieren kann. Unter dem Dach des Aktionsplans müssen wir ein Lernforum schaffen, dass gute Beispiele für alle sichtbar macht und die Vernetzung fördert.
Der letzte Punkt macht deutlich, dass die Planung und Durchführung eines Aktionsplanes durch eine gute Internetplattform unterstützt werden kann.
Internetportal
In der kommenden Woche wird Bundesminister Scholz am 2. Juli 2009 im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung unser Internetportal www.einfach-teilhaben.de freischalten. Es ist das Startprojekt unserer eGovernment-Strategie für behinderte Menschen. Ab diesem Zeitpunkt wird das Portal dann für Bürgerinnen und Bürger in einer ersten Version zugänglich sein.
Es ist nach Lebenslagen und wesentlichen Themen gegliedert und bündelt alle wesentlichen Informationen zum Thema „Behinderung“.
Natürlich ist die Anforderung der Zeit die weitest mögliche Barrierefreiheit. Nächste wichtige Schritte sind daher,
- unser Projekt zur Weiterentwicklung eines Gebärdensprachavatars, der eine langfristige Lösung zur durchgehenden Barrierefreiheit aller Internetangebote für gehörlose Menschen bieten soll und
- das Projekt zur Realisierung eines Marktplatzes „Persönliches Budget“ innerhalb des Internetportals.
Aktionsplan im Netz
Das Internetportal bietet also im Netz eine Grundlage, den Aktionsplan im Netz zu verankern. So kann öffentlich werden, wer beim Aktionsplan mitmacht und wo gute Beispiele in Deutschland zu finden sind. Erfolge könnten z. B. über einen Fortschrittsanzeiger dargestellt werden.
Meine Damen und Herren,
zum Ausblick auf die weitere Umsetzung gehören noch ein paar andere Punkte.
Fassung in leichter Sprache
Uns liegt die Fassung des Übereinkommens in leichter Sprache, die das Büro für leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen erstellt hat, vor und wir bereiten im Moment die Publikation vor. Ebenso wird zur Zeit die Fassung in Gebärdensprache erstellt.
Kandidatur
Anfang September treffen sich die Vertragsstaaten des Übereinkommens in New York und tauschen sich über seine Umsetzung aus. Im nächsten Jahr werden auch wieder Wahlen für den Vertragsausschuss, der in Genf sitzt und die Umsetzung in den einzelnen Staaten überwacht, stattfinden. Wir müssen uns daher Gedanken machen, ob wir mit einer deutschen Expertin oder einem deutschen Experten für den Vertragsausschuss ins Rennen gehen und welche Unterstützung wir für die Kandidatur benötigen. Diese Diskussion werden wir in den nächsten Monaten führen müssen und dabei auch die Verbände behinderter Menschen einbeziehen.
Meine Damen und Herren,
Sie sehen, wir bleiben weiter dran. Und auch Ihr Engagement zu all diesen Fragen ist hoch willkommen. Daher wünsche ich Ihnen gute Diskussionen in den Arbeitsgruppen.