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Friedrichshainer Kolloquien 2008

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Dienstag, 2. Dezember 2008, 16:00 – 19:00
Disability Mainstreaming

Disability Mainstreaming in der Forschung
Dr. Katrin Grüber, Berlin

Behindertenpolitik im aktivierenden Staat
Dr. Michael Spörke, Kassel

„Disability Mainstreaming“ ist ein politisches Konzept, mit dem – ähnlich wie beim „Gender Mainstreaming“ in Bezug auf Frauen – die Perspektive von Menschen mit Behinderungen in allen relevanten gesellschaftlichen Feldern konsequent berücksichtigt werden soll. Dieses Konzept soll im Kolloquium zum einen am Beispiel der Sozial- und Behindertenpolitik und zum anderen am Beispiel von Wissenschaft und Forschung diskutiert werden.

Michael Spörke bezieht sich in seinem Vortrag auf das Konzept des aktivierenden Staates, nach dem Bedingungen geschaffen werden sollen, in denen Menschen ihre Aktivitätspotenziale entfalten können. Die Koalition zwischen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN wandte als erste Regierung dieses Konzept im Bereich der Behindertenpolitik an und stellte so die Interaktion der Behindertenverbände mit dem Staat auf eine neue Grundlage. Das wird Michael Spörke am Beispiel der Gesetzgebungsverfahren zum Neunten Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) und zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) aufzeigen und zur Diskussion stellen.

Katrin Grüber stellt in ihrem Vortrag das Konzept des Disability Mainstreaming der bisherigen Praxis der Gesundheitsforschung gegenüber. Sie geht damit der Frage nach, wie Menschen mit Behinderung an Entscheidungsprozessen über das Forschungsdesign und Forschungsfragen beteiligt werden können. Sie stellt außerdem die Ergebnisse des EU-Projektes STACS vor, an dem das IMEW mitwirkt. Ein Ziel dieses Projektes ist es, Wege zu einer besseren Beteiligung von Organisationen der Zivilgesellschaft an Entscheidungen über die Verteilung von Forschungsgeldern zu finden. Katrin Grüber zeigt in diesem Zusammenhang auf, was dies für den Bereich Gesundheitsforschung bedeutet.

Beitrag von Dr. Michael Spoerke zum Nachlesen

Dienstag, 21. Oktober 2008, 16:00 - 19:00 Uhr
Disability Studies und partizipatorische Forschung

Disabled Knowledge. Die Bedeutung von Krankheit und Körperlichkeit für das Selbstbild
Dr. Jackie Leach Scully, Newcastle

Partizipatorische Forschung am Beispiel des Projekts "Das Bildnis eines behinderten Mannes"
Dr. Petra Flieger, Absam

Dienstag, 16. September 2008, 18:00-19:30 Uhr, IMEW
Zur Geschichte des Begriffs Behinderung

Einführungsvortrag von Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl zum Friedrichshainer Kolloquium 2008/2009

Behinderungsbegriffe werden oft politisch problematisiert, weil sie ganz offensichtlich mit Stigmatisierung verbunden ist. Damit, ob wir von Behinderten, von Menschen mit Behinderung oder behinderten Menschen sprechen, drücken wir behindertenpolitische Einstellungen aus. Es ist allerdings keineswegs eine neue Erscheinung, dass behindertenpolitische Kontroversen zwischen unterschiedlichen Interessenvertretern über eine „Begriffspolitik“ ausgetragen werden. Hans-Walter Schmuhl zeigt, dass schon die allmähliche Durchsetzung des Begriffs Behinderung in der Weimarer Zeit als begriffspolitisch motivierte Ablösung von älteren, abwertenden Begriffen verstanden werden muss, was durch bestimmte historische Bedingungen begünstigt wurde. Dem Begriff Behinderung und der begrifflichen Differenzierungen wie beispielsweise „körperlich, geistig und seelisch behindert“ oder „schwer und mehrfach behindert“ bescheinigt er eine gewisse Ambivalenz: Einerseits lässt sich aus historischer Sicht zeigen, dass solche begrifflichen Differenzierungen dazu dienen, berechtigte spezielle Ansprüche durchzusetzen, andererseits ist damit aber immer auch die Gefahr verbunden, historisch gewachsene Abwertungen und Ausgrenzungen zu verstärken.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen laden wir dazu ein, zusammen mit Hans-Walter Schmuhl über die Ambivalenzen von Begriffspolitik diskutieren.

Hans-Walter Schmuhl ist selbstständiger Historiker (Agentur ZeitSprung) und außerplanmäßiger Professor an der Universität Bielefeld. Bekannt ist er vielen durch seine Arbeiten zur Medizin- und Wissenschaftsgeschichte des Nationalsozialismus. Er ist außerdem Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des IMEW.

Hinweis: 
Zum Jahreswechsel 2008/2009 wird „Zur Geschichte des Begriffs Behinderung“ von Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl eine IMEW-Expertise erscheinen. Der Preis wird voraussichtlich 10,- € zuzüglich 2,- € Versand betragen.

Dienstag, 10. Juni 2008, 16:00 - 19:00 Uhr
Von der Wohltätigkeit zu Selbstbestimmung und Teilhabe - die UN-Behinderten-Konvention

Die neue UN- Behindertenrechtskonvention: Implikation für die deutsche Behindertenpolitik
Prof. Dr. Theresia Degener, LL. M., Juristin, Ev. Fachhochschule Rheinland Westfalen Lippe, Bochum

Die UN-Behindertenkonvention - Anmerkungen zu ihrer sozialethischen/moralphilosophischen Begründung
Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, kath. Theologe, Kath. Hochschule für Sozialwesen Berlin

Die im Dezember 2006 verabschiedete UN–Behindertenkonvention vollzieht einen Bruch mit dem traditionellen defizitorientierten und auf Anpassung und Fürsorge gerichteten medizinisch–pädagogischen Paradigma. Sie postuliert in Artikel 3 als allgemeine Prinzipien die Achtung der dem Menschen inhärenten Würde, der Autonomie des Einzelnen, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie der Unabhängigkeit der Person. Individuelle Autonomie wird an soziale Inklusion gebunden. Die unterschiedlichen Lebensformen behinderter Menschen werden als Bestandteil menschlicher Vielfalt respektiert. Die Konvention wird so mit großen Chancen für die Realisierung unterschiedlicher Lebensführungen in Verbindung gebracht. Allerdings war sie im Vorfeld nicht unumstritten: Wozu braucht man überhaupt eine Spezialkonvention für behinderte Menschen? Ist nicht das schon diskriminierend? Und können so umfassende Rechte auf soziale Leistungen und Dienste für behinderte Menschen, wie es die Konvention vorsieht, überhaupt schlüssig begründet werden?

Achtung: Die Veranstaltung findet dieses Mal nicht in den Räumen des IMEW statt, sondern, in der BBW Akademie im selben Haus, Warschauer Str. 58 a, 2. Hof, 2. Stock, Berlin-Friedrichshain (S-/U-Bahn Warschauer Straße)

Dienstag, 29. April 2008, 16:00 - 19:00 Uhr
Selbstbestimmung und Eigenverantwortung von Reproduktionsentscheidungen

Verwandtschaft im Prozess der Biomedikalisierung
Dr. Michi Knecht, Ethnologin, Humboldt-Universität Berlin

Wie autonom ist ein Klon? Reproduktionstechnologie und Selbstbestimmung in populären Spielfilmen
Katja Kailer, Sozialwissenschaftlerin, Deutsches Hygiene-Museum Dresden

8. Januar 2008
Selbstbestimmung und Demenz

Diagnose Alzheimer. Perspektiven einer Ethik der Demenz
Dr. Verena Wetzstein, katholische Theologin, Katholische Akademie Freiburg im Breisgau

Sollen Patientenverfügungen auch für den Demenzfall gelten?
Prof. Dr. Peter Dabrock, evangelischer Theologe, Universität Marburg

Den Diskussionen über Patientenverfügungen liegt ein Autonomiebegriff zugrunde, der von einsichts– und willensfähigen Patientinnen und Patienten ausgeht, die über die Fähigkeit verfügen, selbstbestimmt zu entscheiden und eigenverantwortlich zu handeln. Demenzerkrankungen führen zu einer fortschreitenden Einschränkung dieser Fähigkeiten. Soll Autonomie nicht nur als faktische Fähigkeit begriffen werden, sondern als moralisches Recht, ist es erforderlich zu prüfen, ob die im Voraus in einer Patientenverfügung festgelegten Regelungen den aktuellen Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten noch entsprechen. Wie lässt sich bei Menschen mit Demenz feststellen, ob ein Lebenswille noch vorhanden ist? Wie kann das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Demenz geschützt werden?

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