Teilhabeforschung – verschiedene Perspektiven
Teilhabeforschung und Behinderung – Überlegungen zur Profilierung eines Forschungsfelds
Dr. Markus Schäfers
Die Rehabilitationswissenschaften, Heil- und Behindertenpädagogik neigen dazu, einen weitgehend separat geführten Diskurs um den Begriff der Teilhabe zu führen. Anschlüsse an die allgemeine Diskussion in anderen Wissenschaftsdisziplinen werden zu selten gesucht. So besteht die Gefahr, sich tendenziell in ein Nischendasein und eine Sonderposition zu begeben.
Dabei birgt der Begriff der Teilhabe die Chance, als Querschnittsthema unterschiedlichste Disziplinen zu einem allgemeinen Diskurs um Teilhabe zu vernetzen. „Teilhabeforschung“ ist von ihrem Gegenstand her nicht auf die Untersuchung der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung beschränkt, sondern schließt sämtliche benachteiligende Lebensumstände wie etwa Alter, Geschlecht, Armut oder Migration in ihre Untersuchung mit ein.
Eine Teilhabeforschung, die Behinderung in den Fokus nimmt, trägt den sozialen Einflussfaktoren bei der Entstehung von Behinderung besonders Rechnung. Behinderung wird nicht als persönliches Merkmal begriffen, sondern als Situation bzw. als soziales Ereignis. Das Blickfeld weitet sich darauf, wie Personen in den verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen einbezogen werden, und auf die sozialen Wirkmechanismen des Ein- und Ausschließens.
Der Vortrag soll einen Beitrag dazu leisten, dieses Forschungsfeld zu profilieren. Teilhabeforschung kann dabei helfen, Lebenslagen und Kontextfaktoren zu identifizieren, die sich als förderlich oder hinderlich für eine selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung auswirken können. Zu diesen Kontextfaktoren gehören beispielsweise die gesundheitliche Disposition, Bildungsfragen, Arbeitsbedingungen, Fragen der sozialen Infrastruktur und rechtliche Rahmenbedingungen. Die so gewonnen Erkenntnisse können für einen allgemeinen Teilhabediskurs fruchtbar gemacht werden.
Dr. Markus Schäfers arbeitet bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Berlin als Leiter des Referats Konzepte. Am Lehrstuhl für Rehabilitationssoziologie der TU Dortmund hat er in Forschungsprojekten zur Lebensqualität und Teilhabe von Menschen mit Behinderung mitgewirkt.