Die Perspektive von Menschen mit Behinderung im Koalitionsvertrag verankern – an ethischen Standards festhalten
Ethik-Forum der Gesellschafter-Verbände des IMEW, 15. Oktober 2009
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Die Verbände, die das Institut, Mensch, Ethik und Wissenschaft (IMEW) tragen, möchten die Mitglieder der Verhandlungskommissionen für den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP darauf aufmerksam machen, dass die Berücksichtigung der Perspektive von Menschen mit Behinderungen so entscheidend ist, dass es notwendig ist, dies im Koalitionsvertrag zu verankern.
Der Bezugspunkt ist hierfür insbesondere die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die seit März diesen Jahres in Deutschland gilt und nun umgesetzt und mit Leben erfüllt werden muss. Diese Umsetzung kann nur dann erfolgreich sein, wenn Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Dies gilt für Gesetzesvorhaben, bei der Umsetzung von Gesetzen, aber auch für die Forschungspolitik.
Es ist notwendig, bei Gesetzesvorhaben die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass ihre Belange Berücksichtigung finden – hierfür sind Menschen mit Behinderungen bzw. die sie vertretenden Verbände der Behindertenhilfe und –selbsthilfe in die Beratungen einzubeziehen.
Die Verbände, die das IMEW tragen, sehen im Bereich der Forschungsförderung einen großen Bedarf an Forschung, die sich an den Bedarfen von Menschen mit einer Behinderung ausrichtet: Bisher gibt es allerdings im Bereich der Gesundheitsforschung zu wenig Forschungsprojekte, die Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zugute kommen. Dies gilt sowohl für die anwendungsbezogene patientenorientierte Therapieentwicklung als auch für die Versorgungsforschung. Eine Umsteuerung wird nur gelingen, wenn Menschen mit Behinderungen bzw. ihre Verbände in den Gremien vertreten sind, die für die Steuerung von Forschungsprioritäten verantwortlich sind.
Die Verbände schlagen daher vor, folgende Formulierungen in den Koalitionsvertrag aufzunehmen:
- Die Belange von Menschen mit Behinderungen müssen stets von vorne herein bei Gesetzesvorhaben sowie insbesondere bei der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden. Deshalb werden Menschen mit Behinderungen und die Verbände der Behindertenhilfe- und –selbsthilfe aktiv in Entscheidungsprozesse einbezogen. Dies gilt auch für Prozesse, bei denen über Forschungsprioritäten entschieden wird.
uch durch biomedizinische Forschungsvorhaben und diese regelnde Gesetze sind Menschen mit einer Behinderung betroffen. Die Verbände haben mit großer Sorge wahrgenommen, dass sich im letzten Deutschen Bundestag eine Mehrheit gefunden hat, die Regelungen des Stammzellgesetzes zu verwässern. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass es auch Änderungen am bewährten Embryonenschutzgesetz geben könnte. Um sicherzustellen, dass der Schutz des Embryos erhalten bleibt und dass an dem diesem Gesetz implizit zugrundeliegenden Menschenbild, das kein abgestuftes Lebensrecht kennt, auch künftig festgehalten wird, ist es aus Sicht der das IMEW tragenden Verbände notwendig, eine entsprechende Erklärung in den Koalitionsvertrag aufzunehmen, in der deutlich gemacht wird, dass das Embryonenschutzgesetz nicht novelliert wird.
Deshalb soll folgende Formulierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden:
- Wir halten an den strengen Grundsätzen des Gesetzes zum Schutz von Embryonen vom 13.12.1990 fest.
Berlin, den 15.10.2009
Arbeitsgemeinschaft Spina bifida und Hydrocephalus e.V. (ASbH),
Münsterstr. 13, 44145 Dortmund.
Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V. (BAG SELBSTHILFE),
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf.
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB),
Postfach 33 02 20, 14172 Berlin.
Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. (BVKM),
Brehmstr. 5-7, 40239 Düsseldorf.
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (BVLH),
Raiffeisenstr. 18, 35043 Marburg.
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. (CBP),
Karlstr. 40, D-79104 Freiburg i. Br.
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.
(ISL), Herrmann-Pistor-Str. 1, 07745 Jena.
Sozialverband VdK Deutschland e.V.,
Wurzerstr. 4a, 53175 Bonn.
Verband für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit e.V.,
Schloßstr. 9, 61209 Echzell-Bingenheim.